Informationen vor Entscheidungen – Kreiswerke ein Muss?

150 150 Barnimer MittelstandsHaus

Die Kreisenergiewerke werden am 30.05.2016 vom Kreisausschuss vorangetrieben. Grundlage ist ein erweitertes Gutachten zur Wirtschaftlichkeit. Nachfolgend einige lose Auszüge – die mehr Fragen als Antworten aufwerfen:

Wirtschaftlichkeitsanalyse nach § 92 Abs. 3 BbgKVerf im Hinblick auf die Errichtung von Kreiswerken im Landkreis Barnim (PricewaterhouseCoopers Legal Aktiengesellschaft Rechtsanwaltsgesellschaft vom 02.02.2016 – eine lose Zitatensammlung (Überschriften hinzugefügt)

1. Diese Wirtschaftlichkeitsanalyse trifft keine Aussage zur Wirtschaftlichkeit…

„Diese Wirtschaftlichkeitsuntersuchung trifft keine Aussage darüber, ob die untersuchten Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich sein werden, sondern vergleicht die jeweilige Leistungserbringung unter den gesetzten Annahmen bei Umsetzung als Eigengesellschaft des Landkreises mit möglichen Formen der Privatisierung.“ (Seite 9)

2. 16 neue Aufsichträte – darunter ein Kontrolleur der Kommunen:

Der Aufsichtsrat besteht aus 16 Mitgliedern: dem Landrat des Landkreises Barnim sowie 14 Mitgliedern, die der Kreistag des Landkreises Barnim aus seinen Reihen entsendet, sowie einem Mitglied, das die Gesellschafterversammlung der Barnimer Energiegesellschaft (BEG) aus den Reihen der Vertreter ihrer kommunalen Gesellschafter entsendet, soweit diese Gesellschafter Gemeinden des Landkreises sind. (aus dem Gesellschaftsvertrag der Kreisenergiewerke)

3. Beteiligte Kommunen durch Mitbestimmung und Entscheidungen nicht überfordern:

„Um eine einheitliche Willensbildung des Landkreise Barnim über die einzelnen Sparten sicherzustellen, soll die Geschäftsführung der Holding-Gesellschaft in Personalunion gleichzeitig die Geschäftsführung der Tochtergesellschaften wahrnehmen. Dies bewirkt, das zwar für die Gründung der Energie GmbH, wie beschrieben, ein Geschäftsführer benötigt wird, der jedoch aufgrund der angedachten Personalunion wirtschaftlich sowohl für die Holding-Gesellschaft als auch deren Tochtergesellschaften tätig sein wird. Für den gesamten Gesellschaftsverbund soll nur ein Aufsichtsrat unmittelbar bei der Holding-Gesellschaft eingerichtet werden, so dass die übrigen Gesellschaften, wie auch die Energie GmbH, keine Ausichträte haben werden. Es sollen lediglich im Bedarfsfall zusätzlich bei den Tochter- und Enkelgesellschaften weitere Aufsichtsgremien im Sinne von Beiräten gegründet werden.“ (Seite 52)

4. Beteligte Kommunen nicht mit dem Ballast des Stimmgewichtes belasten:

„Im Hinblick auf das Stimmengewicht des Landkreises haben wir darauf hingewiesen, dass die Verteilung des Stimmengewichts in einer kommunalen Gesellschaft aus kommunalwirtschaftlichen Gründen an die Kapitalanteile geknüpft ist, so dass mit der Gründung eines leistungsfähigen kreislichen Energiewerks nach Maßgabe des Szenario III ein ausgeprägtes Übergewicht des Landkreises in der Gesellschafterversammlung schon aus Rechtsgründen unausweichlich ist. Vor diesem Hintergrund haben wir dazu geraten, im Rahmen eines Konsortialvertrags zugunsten der Gemeinden als Minderheitsgesellschafter bestimmte Vorgaben festzulegen, um einen gewissen Ausgleich zu dem Übergewicht des Landkreises zu schaffen.“ (Seite 6)

5. Zur Kommunalisierung der Stromnetze:

„Angestrebt ist zudem weiterhin, dass die Energie GmbH Stromnetze in den einzelnen Kommunen erwerben wird. Bspw. hat die Gemeinde Panketal die Option, ihren Konzessionsvertrag Strom zum 30. Juni 2017 vorzeitig zu kündigen. Im Falle der Kündigung läuft der Vertrag zum 30. Juni 2019 aus. Der Erwerb des Stromnetzes Panketal wird voraussichtlich einen Kapitalaufwand von etwa 12 Mio. Euro erfordern. Derzeit betreibt die E.DIS AG das betroffene Netz. Die Bundesnetzagentur stuft die E.DIS AG mit einer Effizienz von 100 % ein. Die Kommunen im Landkreis Barnim, ausgenommen Eberswalde, sind mit 33 % an der E.DIS beteiligt.“ (Seite 7)

6. Keinen „Barni“ an die Uckermark?:

„Das kreisliche Energiewerk wird vom Landkreis und den Landkreisgemeinden mit einem Stammkapital von 4 Mio. Euro gegründet. Im Falle des Erwerbs des Stromnetzes Panketal wird eine Netzgesellschaft gegründet, an der das kreisliche Energiewerk einen Anteil von 2 Mio. Euro übernimmt. Das restliche Kapital setzt die Gesellschaft für den Ausbau der dezentralen Energieerzeugung im Landkreis ein, wobei KWK- und PV-Projekte im Vordergrund stehen sollen.“ (Seite 5)

7. Endlich die Kommunen an den Defizite der BEG beteiligen?:

„Eine wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet die Gesellschaft nicht. Es werden keine handelsrechtlichen Ergebnisse bzw. keine Gewinne abgeführt. Die BEG wird durch regelmäßige Zuwendungen aus dem Kreishaushalt in Höhe von jährlich 250 T€ finanziert. Das Stammkapital der Gesellschaft liegt bei 25 T€. Interessierten Städten und Gemeinden des Landkreises wird die Möglichkeit eröffnet, sich an der BEG zu beteiligen. Da sich die Funktion der BEG im beschriebenen Szenario nicht ändert, wird diese auch zukünftig durch regelmäßige Zuwendungen der Gesellschafter gestützt werden müssen. Abweichend zum bisherigen Prozedere muss der Landkreis seine Zuschüsse jedoch über die Holding-Gesellschaft in die BEG einbringen. Dadurch erhöhen sich die Anschaffungskosten der BEG-Beteiligung bei der Holding-Gesellschaft (§ 6 Abs. 6 Satz 2 EStG).“ (Seite 11)

8. Keine Vergabe der Netze ohne Ausschreibung möglich!

„Ungeachtet dessen dürfte die Energie GmbH als Auftragnehmer hier in erster Linie im Rahmen der Beschaffung von Wärme (KWK-Projekte) und anderen Versorgungsleistungen durch den Landkreis in Betracht kommen. Insoweit kann die Gesellschaft von der Ausnahme gemäß § 100 Abs. 5 Nr. 3 GWB voraussichtlich nicht im nennenswerten Umfang profitieren. Im Übrigen gilt es im Hinblick auf die Inhousefähigkeit festzuhalten, dass zwar in diesem Szenario die Erfüllung des Kontrollkriteriums, jedoch nicht des Wesentlichkeitskriteriums angenommen werden könnte. Ungeachtet der zu erwartenden Anhebung der Umsatzgrenze durch den Gesetzgeber halten wir es für ausgeschlossen, dass die Energie GmbH das Wesentlichkeitskriterium erfüllt, da sie mehr als nur unwesentliche Tätigkeiten für nicht öffentliche Auftraggeber erbringen wird.“ (Seite 51f.)

Author

Jürgen Poppitz

Alle Beiträge von: Jürgen Poppitz

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